Chancen für Schulverweigerer
Magdeburger Projekte bieten seit zehn Jahren neue Chancen für Schulverweigerer.
Problemfälle nicht einfach aufgeben.
Wenn Schüler nicht mehr in die Schule gehen wollen, stecken nicht immer Faulheit oder Desinteresse dahinter. In Magdeburg bekommen betroffene Kinder und Jugendliche in den Projekten "Reintegrationsklasse" und "Werk-statt-Schule" professionelle und individuelle Unterstützung. Bei einer Festveranstaltung am morgigen Freitag werden beide Projekte in Rückblick und Perspektive vorgestellt.
Gleichzeitig würdigt die Stadtverwaltung mit der Veranstaltung den langjährigen engagierten Einsatz aller Projektmitarbeiter. Zu ihnen zählt auch Volker Knopf, Leiter der Jugendwerkstatt "Buntes Werkstattprojekt". Er warnt vor einer unzulässigen Pauschalisierung junger Schulverweigerer. "Schulbummelei kann verschiedene Ursachen haben. Dazu zählen Schulangst, familiäre Schwierigkeiten oder Mobbing", so der Sozialarbeiter. "Häufig geraten Kinder und Jugendliche mit solchen Problemen in einen Teufelskreis aus Motivationslosigkeit, Lerndefiziten und Ängsten und brechen schließlich die Schule ab."
Um dies zu verhindern, hat das Land vor zehn Jahren Fördermittel für Modellprojekte mit dieser Zielgruppe bereitgestellt. Der Landeshauptstadt gelang es in Kooperation mit dem Kultusministerium Sachsen-Anhalt die zwei Magdeburger Projekte nach der Modellphase dauerhaft zu etablieren. "Jene Jugendlichen, die im Werkstattprojekt ihre Chance wahrnehmen, Versäumtes nachzuholen, verdienen die besondere Zuwendung ihrer Stadt", so der Beigeordnete für Soziales, Jugend und Gesundheit Hans-Werner Brüning. "Diese ist nicht selbstverständlich, sondern ein großer Vertrauensbeweis. Ich wünsche mir, dass dieses Vertrauen von den Jugendlichen auch erwidert wird."
Beide Projekte arbeiten in alternativen Unterrichts- und Betreuungsformen mit den Schülern. Das Angebot "Reintegrationsklasse mit besonderem Hortangebot" befindet sich in der Trägerschaft des Internationalen Bundes. Das Ziel ist hier vor allem die Wiedereingliederung der Schüler in das reguläre Schulsystem. Kinder bis zu einem Alter von 13 Jahren werden an selbständiges Lernen, höfliche Umgangsformen, Normen und Werte herangeführt. Sie überwinden Wissenslücken und lernen ihre individuellen Stärken kennen. An dem Standort in der Sekundarschule "Johann Wolfgang von Goethe" werden vorbeugend auch solche Schüler betreut, die von Schulverweigerung gefährdet sind. Im integrierten Hort finden sie Ansprechpartner, die sie begleiten und motivieren.
Ältere Schüler ab dem 15. Lebensjahr haben im Rahmen des Projektes "Werk-statt-Schule" die Möglichkeit, einen Hauptschulabschluss zu erlangen. In den Räumen des "Bunten Werkstattprojektes" des Magdeburger Jugendamtes stehen handlungs- und praxisorientiertes Lernen im Vordergrund.
Lehrer Ivo Altenbach, einer der Betreuer des Werk-statt-Projektes, berichtet von einem Schüler der lange nicht zu Schule ging und kaum noch Kontakt zu Gleichaltrigen hatte: "In der "Werk-statt-Schule" entschloss er sich, wieder mit dem Lernen zu beginnen. Nach vielen Höhen und Tiefen erreichte er im zweiten Jahr den Hauptschulabschluss mit der Note "Gut". Ich freue mich besonders, dass er jetzt eine Ausbildung in seinem Traumberuf Einzelhandelskaufmann begonnen hat."
In den zehn Projektjahren sammelten die Mitarbeiter umfangreiche methodische Erfahrungen und bauten enge Netzwerke auf. "Es hat sich gezeigt, dass es uns gelingt, neue Perspektiven zu schaffen, wenn Lehrer und Sozialpädagogen Hand in Hand arbeiten", resümiert Volker Knopf.
Vertreter der Medien sind zu der Veranstaltung am Freitag, 15. Oktober 2010, 10:00 Uhr in der Jugendwerkstatt "Buntes Werkstattprojekt", Ferchlander Weg 1, herzlich willkommen
Nachricht vom 14.10.2010