Organisierte Kriminalität in Sachsen-Anhalt

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Organisierte Kriminalität in Sachsen-Anhalt

Organisierte Kriminalität in Sachsen-Anhalt: Innenminister Hövelmann stellt Lagebild für 2009 vor.
Innenminister Holger Hövelmann (SPD) und der stellvertretende Direktor des Landeskriminalamtes (LKA), Jochen Hollmann, stellten heute vor der Presse in Magdeburg das Lagebild zur Organisierten Kriminalität (OK) in Sachsen-Anhalt vor. Demnach wurden in Sachsen-Anhalt im Jahr 2009 acht OK-Verfahrenskomplexe - davon ein neu aufgenommener Komplex - geführt. Im Jahr zuvor waren es neun. Hinzu kommen noch zwei Verfahren, die vom Zoll geführt werden.

Im Vergleich zu anderen Bundesländern (Spitzenreiter ist Bayern mit 82 Verfahren) belegt Sachsen-Anhalt damit zwar einen der hinteren Plätze, allerdings sei dadurch kein Grund für Entwarnung gegeben, so Hövelmann: "OK-Gruppierungen streben danach, ihre kriminellen Netzwerke zu etablieren und auszubauen. Dabei schotten sie sich in höchstem Maße vor staatlichen Kontrollinstitutionen ab und nutzen jeden Schwachpunkt. Wir tun gut daran, unseren permanent hohen Verfolgungsdruck aufrecht zu erhalten."

Die Ermittlungen zu den acht in Sachsen-Anhalt anliegenden Verfahrenskomplexen werden in vier Fällen von der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord, in drei Fällen vom Landeskriminalamt und in einem Fall von der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd geführt.

Die Tätergruppen agieren deliktübergreifend und weisen fast immer internationale Bezüge auf. Die Aktionsschwerpunkte sind:

- Rauschgifthandel und -schmuggel
- Eigentumsdelikte
- Wirtschaftskriminalität
- Schleusungskriminalität
- Fälschungskriminalität

Jochen Hollmann, stellvertretender Direktor des LKA: "Um in diesem Deliktfeld erfolgreich zu arbeiten, brauchen wir erfahrene Kriminalisten und modernste Kriminaltechnik, die dem Equipment der Täter ebenbürtig ist."

Im Jahr 2009 richteten sich die Ermittlungen gegen insgesamt 64 Tatverdächtige. Mit 47 Personen bildeten deutsche Staatsangehörige dabei die größte Gruppe. Den größten Anteil in der Gruppe der nichtdeutschen Tatverdächtigen nahmen mit jeweils vier Personen italienische, serbische und vietnamesische Staatsangehörige ein.

Die finanziellen Gewinne der OK-Gruppierungen werden für das Jahr 2009 auf etwa 1,63 Millionen Euro geschätzt. An belegbaren Schäden wurden im vergangenen Jahr 290.000 Euro registriert. Dem stehen vom Staat gesicherte Vermögenswerte in Höhe von rund 220.000 Euro gegenüber.

Die durchschnittliche Verfahrensdauer beträgt knapp zwei Jahre und steigt weiter an. Hövelmann führte diesen Umstand auf die gestiegene Komplexität der Verfahren zurück. Hinzu komme, dass sich das Erkennen und strafrechtliche Verfolgen von OK aufgrund der rasant voranschreitenden technischen Entwicklung, beispielsweise in der Kommunikationstechnik, und der wachsenden Internationalisierung immer schwieriger gestalte. Innenminister Hövelmann: "Der Aufwand für die Ermittler ist enorm. Sie müssen in akribischer Kleinarbeit jedes einzelne Detail ermitteln, auswerten und zusammenfügen. Dafür braucht man einen langen Atem, den wir aber ganz gewiss haben."

Falldarstellung 1: Indoorplantage Atzendorf
Durch einen anonymen Hinweis wurde bekannt, dass im Staßfurter Ortsteil Atzendorf auf einem ehemaligen Betriebsgelände eine größere Anzahl von Cannabispflanzen zu finden sei. Bei den am 29.10.2009 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen konnten rund 5.400 Cannabispflanzen sowie ca. 35 kg Marihuana sichergestellt sowie die meisten vor Ort handelnden vietnamesischen Tatverdächtigen festgenommen oder ermittelt werden.

Der Strom zum Betreiben der Anlage wurde dem Netz illegal entzogen. Darüber hinaus besteht der dringende Verdacht, dass der Anbau der Cannabispflanzen in großen Mengen durch mehrere Personen mit Wohnsitz vor allem in den Niederlanden organisiert wurde. Hierzu ließen sie über Dritte geeignete Objekte anmieten und die für den Cannabisanbau erforderlichen Mittel wie Pflanzerde, Dünger, Belüftungsanlagen und Wärmelampen beschaffen. Zudem ist davon auszugehen, dass die Organisatoren den Ausbau der Tatobjekte finanziert haben und bereits in der Vergangenheit in weiteren Indoorplantagen Cannabispflanzen hergestellt und ins Ausland geschafft haben.

Falldarstellung 2: Schleusungskriminalität
Die Tätergruppierung setzte sich aus vier deutschen, zwei serbischen, einem italienischen, einem bosnischen sowie einem kroatischen Staatsangehörigen zusammen, welche zum Teil illegal erlangte Aufenthaltstitel zur Ausübung illegaler Beschäftigung nutzten. Bei weiteren Ermittlungen zur Aufhellung der offensichtlich organisierten Schleusungsstrukturen offenbarte sich den Fahndern ein kriminelles Netzwerk, das bundesweit aus verschiedenen Firmen, Steuer-, Notar- und Rechtsanwaltsbüros bestand. Hierzu wird auch ein Beamter einer Ausländerbehörde gezählt, der wissentlich falsche Aufenthaltstitel für die illegalen Migranten ausstellte. Der Wirkungsradius dieser kriminellen Struktur erstreckte sich über das gesamte Bundesgebiet. Es sind Kontakte in verschiedene EU- und andere Staaten erkennbar.

Zur Definition Organisierter Kriminalität:
Für die Zuordnung von Straftaten oder Tatverdächtigen in den Bereich der Organisierten Kriminalität müssen allgemeine und spezielle Merkmale vorliegen. Generell müssen mehr als zwei Beteiligte aus Gewinn- oder Machtstreben planmäßig und arbeitsteilig Straftaten begehen, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind. Spezielle Merkmale sind die Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel, das Verwenden geschäftsähnlicher oder gewerblicher Strukturen oder die Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft.

Nachricht vom 28.07.2010


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